Hilfstransporte

IceFlower - Initiative für medizinisch-technische Hilfe e.V.

Kontrollbesuch und Projektsuche Moldawien 16.11. - 19.11.2006:

Montag, den 13.11.2006
Dienstag, den 14.11.2006
Mittwoch, den 15.11.2006
Donnerstag, den 16.11.2006
Freitag, den 17.11.2006

Montag, den 13.11.2006

Heute besuchen wir das Centru National, die Unfallklinik von Chisinau.
Es handelt sich um ein Betongebäude in schlechtem baulichen Zustand. Es ist nicht wirklich sauber. Die Räume sind überfüllt mit wartenden Patienten mit unterschiedlichen Blessuren. Wir treffen mit Herrn Ion Marina und Herrn Danú Adrian, der gut Englisch spricht, zusammen. Kurzzeitig ist auch der stellvertretende Direktor der Klinik dabei.

Die Klinik braucht folgende Geräte:

Die gesamte Röntgenabteilung ist aufbesserungsbedürftig, es werden insbesondere mobile Röntgengeräte, ein T-Bogen, Absauger und Monitore benötigt. Besonders toll wären integrale Druckmessgeräte, Sterilisatoren, aber auch Kleinigkeiten wie Toilettenstühle, Rollatoren, Inhalatoren sowie das, was bereits im Lager in der Spaldingstraße ist: Lymphdrainagen, Stützverbände für den Rücken, etc. Das Ultraschallgerät müsste man dahingehend überprüfen, ob es ein rein gynäkologisches ist. Bei der Besichtigung sehen wir einen Tomoscan von Philips. Dieses Gerät soll dort eine Zeit gelaufen sein und funktioniert jetzt (seit Monaten) nicht mehr.

Die Mechanik, mit der die Spulen gedreht werden, ist defekt. Philips wollte 50.000,- € für die Reparatur haben, die man von der vorgesetzten Behörde nicht bekommt. Auf Fragen, wer solche Geräte bestellt, bekommen wir keine genaue Auskunft. Mit Sicherheit gibt es irgendwo eine Administration, jedenfalls nicht die Klinikleitung selbst.

In der Klinik kommt alles zusammen an Unfällen aus der Stadt und der Umgebung. Sie haben etwa 1200 Betten und 30 bis 40 Personen "ärztliches Personal".

Die Älteren Mediziner haben ihre Ausbildung außerhalb Moldawiens oder Chisinaus, die Jüngeren, die dann auch Englisch sprechen, innerhalb des Landes erhalten. Herr Marina hat in Rumänien seine ärztliche Ausbildung und die Facharztausbildung in Kiew (Ukraine) absolviert. Er operiert hin und wieder auch in einem nördlich gelegenen Krankhaus (Entfernung 200 km) und – so sagt er – nimmt dann alles mit, was er braucht, um dort zu arbeiten. Es ist leider wahr, was er sagt, weil er gar nichts hat, was er mitnehmen kann. (So sehen wir dies jedenfalls).

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Jetzt zur Ausstattung einzelner Räumlichkeiten:

Wir besichtigen zuerst die Zwischen-Intensivstation, wo nicht unbedingt nur frisch operierte Patienten liegen, sondern überwiegend am Schädel operierte Patienten. Personen mit Tumorentfernungen, aber auch Halswirbelsäulenbrüche. Bei den Betten könnte man schon anfangen: Jedes Bett wäre durch jedes von uns gesammelte Bett gut zu ersetzen. Statt Urinflaschen stehen dort abgeschnittene Mineralwasserflaschen bereit.

Die Sauerstoffversorgung der Patienten erfolgt über eine zentrale Leitung, je eine (!!!) Öffnung für den ganzen Raum, die auch mal flushmäßig hoch geregelt werden kann.

Die Patienten liegen auf schlechten Matratzen, wenn überhaupt, die nicht einmal alle bezogen sind, zugedeckt mit (eigenen) Wolldecken. Viele von Ihnen sind gelähmt und gehen dann wahrscheinlich später in eine Art Pflegezentrum, das wir nicht kennen. Man kann sich die Zustände nicht vorstellen. Anschließend erfolgt die Besichtigung der Akut-Intensivstation, in der alle Fälle des Landes gesammelt werden: abdominalchirurgisch, neurochirurgisch, unfallchirurgisch. Die Monitore an den einzelnen Wänden funktionieren größtenteils nicht. Ein einziger neuer Monitor für ungefähr 10 bis 12 Betten ist angeschlossen. Auch hier fehlt es an sämtlichen technischen Geräten, vor allem auch an Absauggeräten.

Das mobile Röntgengerät auf der Intensivstation ist mindestens 40 bis 50 Jahre alt und mit Sicherheit sehr gefährlich. Danach besuchen wir die Poliklinik “Intitutia Medico-Sanitara Publica Spitalul Clinic de Traumatologie si ortopedie“.

Hier sieht alles anders aus:

Baulich vom Äußeren her ist es in einem hervorragenden Zustand. Ein Gebäude ist im Rohbau gerade erst fertig gestellt. Es wurde von Holländern und Amerikanern finanziert. Nun hat die Regierung das Geld für die Inneneinrichtung gestrichen. Eine Operationseinrichtung ist nicht da. Die Räume an sich sind wunderbar, ausgestattet mit einem Überdrucksystem und allem, was dazugehört.

Der Chefarzt, Nicolai Mihul, übergibt uns eine Riesenliste von Sachen, die er braucht. Wir sagen ihm, dass wir ihm wohl helfen wollen, aber dass wir erst abwarten müssen, was wir bekommen, und dann bedarfsgerecht versuchen zu verteilen. Er versteht dies.

Man zeigt uns uralte Einrichtungen, z.B. Streckapparate, die Menschen mit Knochenbrüchen an Beinen tragen müssen. Dies habe ein Vorgänger gebastelt, liegt aber immer noch im neuen Operationssaal herum.

Mittags treffen wir auf Herrn Michael Pleban. Er ist erster Sekretär der Deutschen Botschaft und stellvertretender Botschafter. Er ist ein alter "Ostblockhase" mit vernünftigen Auffassungen und Verbindungen. Herr Pleban ist ein angenehmer Gesprächspartner und Mensch und lädt uns zu einem großartigen Essen ein, wobei er die Auswahl frei hält zwischen Kalbsfilet, Muschifilet und Bärenbraten.
Abends sprechen wir mit Dr. Ghenadi Timciuc (Abdominal-Chirurg) in einem Lokal. Er arbeitet in einem Prominentenkrankenhaus und sagt, dass er alles habe. Er hat auch in Deutschland gearbeitet und kann sich vorstellen, wie schrecklich wir die Verhältnisse in der Klinik beim Besuch der Unfallchirurgie am Morgen fanden. Er spricht gut Deutsch und ist deshalb sicher auch eine gute Verbindung für mögliche neue Projekte.

Er berichtet uns von einem technischen Service, den ein früherer Siemens-Mitarbeiter gegründet habe und der technische Einrichtungen in Krankenhäusern wartet und repariert. Dieser Mensch sei aber überlastet und auch in seinem Wirkungsbereich begrenzt.

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Dienstag, den 14.11.2006

Heute besuchen wir die Klinik Nr. 3 Centru de Sanitate in Sarateni. Der Ort selbst liegt ungefähr 60 km südlich von Chisinau. Die Straße heißt: R 34. Man kommt über einen Ort dorthin, der in Deutsch Hincesti heißt. Die Straße ist nichts für Leute, die nichts gegessen haben oder Gebissträger sind. Die Tages-Klinik ist schwer zu finden.

Da gibt es den Ort Saratani/Merecin und dahinter kommt (südlich) dann die Klinik auf der linken Seite. Groß zu sehen ist eine Betonruine und dann eben dieses kleine Gebäude. Wenn man genau guckt, dann sieht man hinter dem Gebäude eine Kirche mit einem gepflegten aber orientalischen Klosett. In diesem Ambulatorium in Sarateni bleiben keine Patienten über Nacht, sondern hier wird alles ambulant gemacht, von der Zahnbehandlung bis zum Notfall.

Der Einzugsbereich umfasst 16 Dörfer mit 900 Bewohnern und 5 Ärzten auf 14000 Personen im weiteren Umkreis.

In dem Haus (sozialistisches Flachdachhaus, 250 m2 insgesamt) fehlt alles: Glühbirnen, Doppelstecker, EKG, Blutdruckmessgeräte, Physiotherapie etc. An den Decken hängen Glühbirnen an Drähten, elektrische Geräte müssen umgestöpselt werden, da nur Einfachsteckdosen vorhanden sind. Ein neuer Zahnarztstuhl wäre großartig.

Laboreinrichtungen sind mies, es fehlen Zentrifugen und Blutzucker-untersuchungen. Auch ein EKG fehlt. Auch digitale Waagen, Schreibmaschinen und Computer können gut verwendet werden. Hier könnte man auch Aufbe-wahrungsmöglichkeiten, wie Schränke für ärztliches Gerät und dergleichen gebrauchen.

Der Arzt, der dort tätig ist, heißt Boris Iwan Iwanowitsch Pasternakis. Er ist gebürtig aus der Gegend und hat in Chisinau studiert. Geführt hat uns eine Deutschlehrerin aus dem Nachbarort. Sie hat vielleicht Interesse an deutschsprachigen Büchern. Sie heißt Angela. Obwohl dass alles bedrückend traurig ist, ist hier eine nette Atmosphäre, unwahrscheinlich sauber und gepflegt. In den meisten Zimmern hängen (uralte) Gardinen, aber saubere. Auch Blümchen in Blumentöpfen sind vorhanden. Ein Arzt, eine Dentistin und etwa 6 Krankenschwestern warten auf Patienten. Abends treffen wir den Professor Grigori Zapuhlih. Sein Sohn studiert in Deutschland.

Er hat sämtliche Geräte aus Deutschland und tauscht/organisiert diese über Freunde aus Deutschland. Er rät uns, ihn anzusprechen, ihm die Geräte zu geben.

Er würde sie über den Rotary Club verteilen! Er meint, ganz besonders arm sei die Gegend von Bessarabia südlich von dem Ort, den wir am Tage besichtigt hatten. Er bietet sich an, als Ratgeber und Verteiler.

Herr Professor berichtet, dass er "westliche Geräte bekomme über Beziehungen". Nebenbei arbeitet er noch in einer Klinik "privat", die er auch versorgt.

Mittwoch, den 15.11.2006

Heute geht es nach Ungheni. Dort treffen wir im Rathaus auf Lina Rogovschi sowie den dortigen Bürgermeister. Wir besprechen nur Oberflächliches und kriegen Keramikteller geschenkt. Wir besichtigen dann drei Institute, nämlich das Distrikt-Krankenhaus, Behinderten-Kinderheim und das Seniorenheim, alle 3 im Sommer von IceFlower mit Hilfsgütern bestückt.

In dem Distrikt-Krankenhaus wurde von uns u. a. ein Ultraschallgerät abgeladen. Wir erfahren, dass dieses Gerät nicht in Benutzung genommen worden ist. Zunächst wird gesagt, dass die Gebrauchsanweisung in Deutsch sei. Man habe sich bemüht, eine Übersetzung zu bekommen.

Dann schließlich kommt heraus, dass die sog. Vaginalsonde kaputt sei und überhaupt das Gerät 16 Jahre alt sei. Wir gucken uns das Gerät an und sagen, dass wir selbstverständlich die Sonde mitnehmen würden. Es sieht so aus, als ob man uns das Gerät dort extra hingestellt hat. Wir besichtigen dann noch das angelieferte Röntgengerät von IceFlower.

Es steht in einem Schuppen, so wie vor 4 Monaten dort abgeladen. Dort sind auch die Pakete mit den Windeln für Inkontinente gestapelt. So richtig winterfest ist das Haus nicht, so dass abzusehen ist, dass das Ganze irgendwann, wenn nicht schon jetzt, unbrauchbar wird. Die nagelneuen elektrisch verstellbaren Betten stehen zwar auf den Stationen verteilt, aber unbenutzt (offensichtlich noch schnell vor unserer Ankunft dort aufgebaut). In zwei Betten hat man am Kopfende Säuglinge quer gelegt.

(Und dabei haben wir noch die Bilder der frisch operierten Querschnittspatienten auf Pritschen in Chisinau vor Augen! Es ist nicht nur nicht zu fassen, sondern kaum noch auszuhalten!!!) Wir erfahren so nebenbei, dass inzwischen schon wieder 2 LKWs aus Frankreich mit weiteren Hilfsgütern da waren. Außerdem habe man eine Patenschaft mit einer Stadt in North Carolina. Von dorther komme sehr häufig Besuch. Die Amerikaner würden hier handycrafts einkaufen, so sagt man uns, also Souvenirs aus Keramik, Bast und Stickereien und sonstiges.
Danach besichtigen wir ein Heim für behinderte Kinder. Der Junge mit dem Rollstuhl des Blumenhändlers vom Winterhuder Markt ist leider nicht da. Er ist an diesem Tage nicht gekommen. Dieses Heim ist inzwischen noch besser als im Sommer ausgestattet, vor allem mit High-Tech-Fitnessgeräten usw. Es sei ein Projekt, das von der Weltbank finanziert werde. Auch das nächste Heim, das "Seniorenheim", das wir auch noch besichtigen, ist hervorragend ausgestattet.

Beim Mittagessen macht uns Lina Rogovshi erneut klar, wie kompliziert die Einfuhr der infrage kommenden Güter ist. Es dürfen keine gebrauchten Spielsachen oder gebrauchten Schuhe eingeführt werden. Sie will uns eine Liste von Gegenständen schicken, die nicht eingeführt werden dürfen. Sie schildert auch, wie dieses beim letzten Mal gelaufen sei. Dass sie allein wegen dieses Projekts im Juli mit ihrem Bürgermeister dreimal bei einem Minister gewesen sei. Sie sagt, dass sie auch nur über Einfuhren "etwas zu sagen hätte und diese unterstützen könnte, wenn die Waren im Bereich von Ungheni bleiben". Dies bedeutet, dass die Sachen bis in den Zollhof kommen und dort übernimmt irgendwer die Verteilung.

Im Distrikt-Krankenhaus in Ungheni, das wir am Mittag besichtigt haben, sind wir auf eine sehr resolute Ärztin gestoßen, die sich natürlich gegenüber dem Leiter des Instituts verteidigen muss und solche Erfindungen macht wie: "Die IceFlower-Geräte seien kaputt gewesen und das müssten die Soldaten oder der Zoll gewesen sein".

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Marlu spricht mit Lina unter vier Augen, ob eventuell die Röntgenanlage, die ja nun dort nutzlos herumsteht, auch woanders hingebracht werden könnte. Marlu favorisiert ganz besonders für diesen Zweck eine Poliklinik oder eine Perinataleinrichtung, die sie bereits im Juli dafür vorgesehen hatte. Auf unseren Wunsch werden wir auch noch dorthin gefahren. In dem Raum für die Untersuchung von Schwangeren ist hier so gut wie nichts vorhanden. Wir sagen, dass die Ultraschalleinrichtung doch hierher passen würde. Die Ärzte dort sagen uns, dass die Schwangeren eben zum Distrikt-Krankenhaus gehen müssten, um sich dort per Ultraschall untersuchen zu lassen. Lina bestätigt dann auch, dass die einzelnen Institute zusammenarbeiten müssen – nicht nur "sollten" – und dies wird von den anwesenden Ärzten auch bestätigt, aber nicht so ganz fröhlich.
Kurz vor dem Mittagessen begegnen wir zufällig der Frau des Ministers Vrabie. Dies ist der Mann, der in der Region bis zum Mai 2006 Bürgermeister war und seine Stadt zu einem medizinischen Vorzeigegebiet gemacht hat, zumal er gute Kontakte über EU-Parlamentarier in Strassburg hat. Nun ist er Minister geworden und hat wohl ungeheures Ansehen.

Wir stoßen immer wieder an gewisse Grenzen, die durch das System gegeben sind. Auch Lina ist durchaus nicht bereit, Besonderes zu tun, weil sie sich dadurch "zu weit aus dem Fenster hängt". Sie selbst ist wahnsinnig ehrgeizig, gibt abends noch zusätzlich Englischunterricht. Sie will einige Monate in Italien verbringen, um als Altenpflegerin bei Reichen „Kohle“ zu machen und lernt deshalb auch Italienisch. Sie hat darüber hinaus einen rumänischen Pass, so dass sie in der EU frei reisen kann. Sie ist mit Sicherheit sehr herzlich, ist aber stark in das System eingebunden.

Es gibt letztlich zwei Möglichkeiten: Entweder verfahren wir wie bisher, dann aber mit dem Risiko, dass irgendwer dort entscheidet, wo die Sachen hinkommen oder aber, wir versuchen, über einen anderen Grenzübergang in eine andere Region zu kommen. Es besteht aber die Gefahr, dass wir dort in ähnlicher Weise reinfallen. Ideal und ein Traum wäre, wenn wir mit den Waren beispielsweise zu dem Arzt Iwan Iwanowitsch Pasternakis fahren könnten und alles, was wir haben, dort abladen könnten. Dies aber wird nicht funktionieren, auch nicht wenn Rumänien ab Anfang nächsten Jahres in der EU ist, denn dadurch wird sich nur der Weg bis an die Grenze vereinfachen, nicht jedoch derjenige über die Grenze hinaus und schon gar nicht innerhalb Moldawiens.

Für Marlu ist die Situation hier in Ungheni sehr schwer, weil ihr Herz an vielem hängt, das sie mit viel Aufwand und Mühe 2000 km weit hierher gebracht hat und nun teils überflüssig herumsteht. Sie steckt die Enttäuschung aber weg, zumindest hier vor der Öffentlichkeit.

Die ganze Vorstellung wird wieder von dem deutschsprachigen Pressefotografen vom Sommer begleitet und festgehalten. Am Ende muss Marlu vor der laufenden Kamera ein kurzes Statement für das Fernsehen in Ungheni abgeben und ohne Vorbereitung die Frage beantworten, ob wir zufrieden sind und wieder mit neuen Geräten kommen werden. Lina übersetzt die recht kurze, eher ausweichende Antwort.

Am Abend sind wir zum Empfang in der Deutschen Botschaft, und zwar nicht in der Botschaft selbst, sondern in der Residenz des Botschafters eingeladen. Es handelt sich hierbei um ein Objekt in einer guten Lage in Chisinau. Es ist ein prachtvolles Gebäude mit Swimming Pool und allem, was dazu gehört. In Deutschland würde so etwas in der Größenordnung von 5 Mio. und mehr kosten.
Wir treffen dort auf viele andere, die in Moldawien tätig sind, u. a. Leute, die auch mit Transporten zu tun haben, eine deutsche Wirtschafts-Delegation, die über irgendein Zusammenarbeitsprojekt verhandelt, aber auch den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, also den Vorgesetzten von Herrn Wissmann. Er hat eine Übersetzerin mitgebracht.

Im Gespräch bedankt er sich für unser Engagement und teilt mit, dass er uns helfen wolle. Wir bitten ihn, dies doch einfach zu tun. Er zückt daraufhin sein Handy und telefoniert mit seinem Schulfreund, dem Gesundheitsminister, und bekommt einen Termin für uns am nächsten Tag im Gesundheitsministerium. Marlu trifft auf dem Empfang auch noch Herrn Dr. Kreuz vom BMZ, der über Fördergelder verfügen darf und der uns sagt, dass wir uns sehr schnell an ihn wenden können, weil man uns Transportkostenzuschüsse geben könne und auch wolle.

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Donnerstag, den 16.11.2006

Am Vormittag treffen wir den Gesundheitsminister, eine prächtige Persönlichkeit. Er ist Kinderarzt und deutet auch an, dass er nicht ewig auf diesem Posten sein wolle. Er begrüßt unser Engagement, zeigt ein dickes Konvolut (2500 g) über Planungen, die im Hause im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen gemacht wurden. Er bedauert, dass etwa 12.000 Personen (Ärzte und/oder ärztliches Personal) Moldawien verlassen haben und weiß also auch von den Schwierigkeiten im Gesundheitswesen.

Wir erläutern ihm unsere Problematik, dass wir keine Möglichkeit haben, die Geräte dort hinzubringen, wo wir sie hinhaben wollen, weil dies immer über die Zollverwaltung geht. So richtige Zusagen macht er in diesem Zusammenhang jedoch nicht.

Wir erläutern auch das Problem, dass wir beispielsweise in Sarateni eine Klinik gesehen haben, bei der eher nur geringwertige Güter fehlen. Der Minister möchte vor allem Betten haben. Wir erklären ihm, warum das für unsere kleine Organisation wegen der hohen Transportkosten zu voluminös ist. Daraufhin schlägt er die Übernahme der Transportkosten durch ihn vor und will Betten von einem moldawischen Spediteur bei uns holen lassen. Wir sagen ihm, dass wir gerne eine Aufstellung der Geräte machen wollen, die wir bekommen und ihn dann bitten, uns bei dieser Liste zu beraten. Dann sagen wir ihm, dass wir möglichst ein Mitspracherecht haben wollen, wo die Geräte hinkommen sollen.
Nach einer Stunde schließlich eine herzliche Verabschiedung mit dem Handschlag auf gute Zusammenarbeit, nachdem wir ihm gesagt haben, dass wir mit Kopf und Hand an der Sache arbeiten, am meisten aber mit dem Herzen dabei sind. In einem Brief an den Gesundheitsminister haben wir dann alle Verabredungen nochmals schriftlich niedergelegt:
„Sehr geehrter Herr Minister Ababii, zunächst möchten wir uns recht herzlich für das sehr interessante und konstruktive Gespräch am 16.11.2006 in Ihrem Haus bedanken.

Um unsere zukünftige Arbeit besser strukturieren zu können, möchten wir die Gesprächsergebnisse kurz zusammenfassen:

  1. Der Verein IceFlower will auch im Jahr 2007 die medizinischen (Krankenhäuser, Polikliniken) und sozialen Einrichtungen der Republik Moldau durch Lieferung von Medizintechnik und Ähnlichem unterstützen.
  2. Das Gesundheitsministerium gewährleistet die Unterstützung bei Transport, Entzollung und Verteilung der gelieferten Materialien.
  3. Der Verein IceFlower wird sich darum bemühen, Krankenhausbetten und Untersuchungsliegen guter Qualität zur Verfügung zu stellen. Der Transport dieser Güter von Deutschland nach Moldova wird durch das Gesundheitsministerium durchgeführt.
  4. Im Jahr 2007 sollen als erstes folgende medizinische Einrichtungen unterstützt werden: Centru National (Unfallklinik) Chisinau, Orthopädische Klinik Chisinau, Ambulatorium Sarateni (Kreis Leova).
  5. Weiterhin Kinderheime und die Frauenklinik in Chisinau sowie die gynäkologische Poliklinik in Ungheni.
  6. Die im Juli 2006 nach Ungheni gelieferte Röntgen-Anlage, die noch nicht in Betrieb genommen wurde, soll im Einvernehmen mit den Vertretern der Stadt Ungheni und dem Gesundheitsministerium nach Chisinau transportiert und dort dem Centru National zur Verfügung gestellt werden. Der Verein IceFlower bedankt sich bei der Stadtverwaltung Ungheni für die gute Kooperation bei Transport, Entzollung und Verteilung der Güter sowie für die Betreuung der deutschen Begleiter.
  7. Der Verein IceFlower drückt ausdrücklich seinen Respekt vor den Gesprächspartnern der besuchten Einrichtungen aus, die oft unter schwersten Bedingungen mit großem Engagement ihre Arbeit erledigen.
    Sehr geehrter Herr Minister, sollten Sie Änderungen oder Ergänzungen haben, so teilen Sie uns diese bitte mit. Mit unserem nochmaligen Dank und dem Wunsch auf eine gute zukünftige Zusammenarbeit verbleiben wir für heute

    mit freundlichen Grüssen
    Dr. Marlu Verspohl
    (1. Vorsitzende)

Marlu und Karin besichtigen danach noch ein Kinderheim, begleitet von Maria Tarus, einer Angestellten des Gesundheitsministeriums und Tatiana Bilba, der hervorragend Deutsch sprechenden Dolmetscherin.

Es handelt sich um ein Heim, (Centrul de Plasament si Reabilitare pentru Copii de Varsta Frageda, in dem 200 Kinder von 0-18 Jahren betreut werden.

Es sind nicht nur Vollwaisen, sondern auch Kinder aus sozialschwachen Familien und/oder Eltern, die im Ausland arbeiten. Der ganze Hort ist mit Liebe eingerichtet, auch das, was wir an Betreuung mitkriegen, scheint hier gut zu laufen. Was hier noch fehlt, sind: Babywaagen, Sonden, Babynahrung, Kinderkleidung, Bettwäsche, Windeln (Pampers), Spiele, u. a. welche, die kreatives Denken fördern.

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Freitag, den 17.11.2006

Am Morgen besichtigt Marlu das Instituto Medico, Institutul de Cercetari Stiitifice in Domeniul, Ocrotirii Sanatatii Mamei si Copilului. Die Chefärztin heißt Ludmila Etco und ist offensichtlich eine Freundin von Maria Tarus. Es handelt sich um einen Riesenkomplex mehrerer drinnen wie draußen mehr als weniger maroden Plattenbauten aus den Zeiten der Sowjetunion. Wir besichtigen den gynäkologischen OP – hier fehlt es vor allem an Regionalanästhesie-Zubehör (Nadeln, L.A.) und Narkosegeräten, insbesondere Babylogs.

Dann gehen wir noch auf diverse Stationen, auf denen es allerdings besser aussieht als in der Unfallklinik von Chisinau. Im Kinderbereich laufen wir an einem OP vorbei, wo man durch die Glasscheibe die Umstände der gerade laufenden Nieren-OP an so einem Würmchen sehen kann. Erschütternd! Dahingegen ist die Neugeborenen-Intensivstation nicht schlecht ausgestattet.
Die Radiologie dieser Kinderklinik scheint auch gut bestückt. Ich sah zwei Siemensanlagen, weil aus Versehen eine für mich nicht bestimmte Tür geöffnet wurde. Die Demonstration eines Antik-Gerätes (eher was fürs Guggenheim-Museum) in einem weiteren Raum konnte mich danach nicht mehr so recht beeindrucken.

Bei der Verabschiedung im Chefärztinnenzimmer konnte ich mich nur mit Mühe dem Druck von Ludmila und Maria wehren, alles und ausschließlich nur in diese Klinik zu liefern, mit Argumenten wie „nur wenn man den Müttern und Kleinkindern hilft, hat man etwas für die Zukunft eines Landes getan“. Mein Eindruck hier hat wieder bestätigt, dass wir uns gut auf das Feeling unserer Freundin und Mitarbeiterin von Uli-Nina Capsizu verlassen können, die uns in die Unfallklinik von Chisinau geführt hat und uns wissen ließ, dass es bedürftigere Stätten als diese Kinderklinik gibt.

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